Kuhreiter und Pferdeanlehner

2. Ausstellung im Museum Dippoldiswalde

Zwei aufreizende Damen mit blanken Busen und einem goldenen Krönchen auf dem Haar sitzen rittlings auf ihren schwarzen Hengsten, die sich unter den Schönen aufbäumen. Ein Zauberer mit lila Hosen beobachtet fasziniert das ungewöhnliche Treiben und hält dabei seinem Lehrling die Augen zu. Der linst trotzdem zwischen den Fingern durch, solch faszinierende Aussichten lässt sich der Jüngling nicht entgehen. Ulrich Pietzsch wird sich köstlich amüsiert haben, als er 2001 „Die nackten Zirkusreiterinnen“ malte… Der seit 22 Jahren im niedersächsischen Wendland lebende Pietzsch erzählt auf seinen Bildern Geschichten. Komische, traurige, erfundene und wahre. Die „Winterliche Begegnung“ etwa zeigt zwei Clowns, der eine mit roter Zuckertüte, der andere mit großen roten Knöpfen, die bei Eiseskälte drei eingemummelte Gestalten treffen. Warum und was nun passiert, das darf sich jeder selbst ausdenken… Die Menschen in Ulrich Pietzschs Kosmos handeln nur selten nach den Regeln der Vernunft. Das gibt es nicht nur den bekannten „Pferdeflüsterer“, der den Pferden als Seelenklempner zarte Worte ins Ohr säuselt, sondern auch den „Pferdeanlehner“ im Sinne des Wortes: Ein Mann macht einen Buckel, an den sich der Vierbeiner rückwärts fallen lassen kann. Es ist eine Art Therapie, weniger fürs Pferd als für missmutige Betrachter der Zeichnung: Wer hier nicht lacht, ist unheilbar.

Thomas Morgenroth

„Sächsische Zeitung“ vom 21. März 2007

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