Mit urwüchsiger Begabung politischen Frust „naiv“ von der Seele gemalt

Zur Ausstellung mit Werken von Ulrich Pietzsch im Volkskunstmuseum

Eine Rückkehr in die alte Heimat könnte man sie nennen, die heute im Museum für Sächsische Volkskunst im Jägerhof eröffnete Ausstellung. Unter dem schlichten Motto „Ulrich Pietzsch – der Bildermaler“ stellt sie 180 Arbeiten eines Mannes vor, der auf großen Umwegen dazu kam, sich gleichsam den Frust von der Seele zu malen. Als einer mit vielfältiger Berufserfahrung und kritischem Verstand, der seinen Alltag über lange Jahre in der DDR lebte, geriet er in jenen berüchtigten Jahren, als die Wogen um im Zusammenhang mit der Ausbürgerung des ihm befreundeten Wolf Biermann hoch schlugen, mit dem System in Konflikt. Verbittert zog er sich von Stund an schafzüchtend aufs Land zurück – (ausgerechnet) nach Wandlitz als Refugium wählend, was letztendlich die Konsequenz hatte, dass er 1982 „auf Antrag“ ausgebürgert wurde… Als seine Frau Lydia Wolgina, 1. Ballerina an der Berliner Staatsoper einer politischen Intrige wegen ihre Karriere beenden musste, zogen sich beide aufs Land zurück. Erst jetzt, im Alter von 40 Jahren, beginnt er zu malen. Als Autodidakt, ohne jegliche akademische Vorbildung, aber –  wie jetzt in der Ausstellung zu sehen –  mit großem Talent und einer urwüchsigen Begabung, die jene Fülle n Bildern entstehen ließ, die man als Betrachter mit großer Freude und wachsendem Vergnügen in sich aufnimmt. Woe in einem Bilderbuch gibt´s  unendlich viel zu entdecken, und das für groß und klein… Diese unverbildete Sicht auf die Umgebung zeichnet… alle Bilder aus, die in leuchtend-hellen Farben gemalt, unverstellt den Alltag einfacher Menschen vorwiegend in ländlicher Umgebung spiegeln. Bezaubernde Blumenstillleben gehören ebenso dazu wie ungezählte „Männel“, allen voran der bärtige Maler mit seiner Modell-Frau, zumeist begleitet von Hund und Katze.

Sollte man übrigens einen Ulrich Pietzsch stilistisch ähnlichen Maler anführen, wäre der Vergleich mit dem Hallenser Albert Ebert angebracht.

Die Kunstgeschichte hat für solche Art von Malerei den Begriff „naiv“ geprägt. Dieser leider auch negativ  gesetzte Begriff scheint mir jedoch nicht treffend genug. Urwüchsig, unverbildet, kindlicher Malweise ähnlich, würde ich für glücklicher halten…

Anja Rost

Sächsische Neueste Nachrichten  22/23.6.1996

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