Vom Bilder malen und so weiter

Zum Kunstbuch >Aufs Richtige Pferd gesetzt<

>Liduschka, was würdest du sagen, wenn ich meine Dissertation nicht verteidige. Ich will kein Doktor werden<. Einen günstigen Zeitpunkt hatte sich Ulrich Pietzsch für diese Eröffnung scheinbar nicht  gewählt, denn seine Frau Lydia Wolgina hatte soeben wegen einer Intrige ihr Engagement als Ballerina  der Deutschen Staatsoper verloren und sagte: >Ich verstehe dich<. Somit war der Wg für ihn frei, Maler zu werden, was ihm mehr schwante, als dass er es wusste.

An Berufen und Beschäftigungen hatte Pietzsch,  1937 in Oberwartha bei Dresden geboren, bis dahin einiges vorzuweisen: Während seiner Lehre zum Landwirt traf er sich mit Mathias Griebel beim Kühe melken, er war Montagearbeiter, Journalist und Redakteur…Er gab den Philosophiestudenten und den Organisationsleiter beim Bau des Berliner Theaters b.a.t, das aber bald der reinen Kulturpolitik zuliebe geschlossen wurde. Er arbeitete als Theaterkritiker, als Buchautor und beim Fernsehen.

Nach dem Bildband >Berlin – über die Dörfer< und nach dem Erzählband >Verdammte Heimat<, für dessen Titelgeschichte er einen Preis erhielt, legt Ulrich Pietzsch jetzt mit >Aufs richtige Pferd gesetzt< den dritten Band in eigenr Sache vor. Und seine Sache sind 30 Jahre Malerei. Darum handelt folgerichtig die erste Erzählung vom Einsargen der Dissertation, die folgenden 37 davon, was ein Bildermaler und seine Frau seitdem erlebten.

Reflexionen zur Ästhetik oder gar Theoretisieren, wie man es bei einem Künstler nicht ausschließen könnte, gehören nicht zu seiner Art des Erzählens. Es würde auch nicht zu seiner Haltung assen, die in allen Geschichten gegenwärtig ist: das Staunen über den Lauf der Dinge, wie verwickelt oder geradeaus sich das Leben abspult. Davor  machte ihn keine Lebenserfahrung sicher, aber zu lachen gab es immer etwas, das in den texten als Ironie wieder aufblitzt.  Die unangenehmen oder schweren Begebenheiten, auch diejenigen, die sie verursachten, werden von Pietzsch mit Lakonie gestraft, die auch sarkastisch sein kann.

Einige Erzählungen beginnen weit entfernt von der Palette des Malers, in einer Redaktion der 50er Jahre, in Bulgarien oder im Wanderzirkus. Aber wie an unsichtbaren Linien entlang führt es die Hauptpersonen zu den Bildern, damit Ulrich Pietzsch ihre Erlebnisse kennen lernt und aufschreiben kann. Manchmal entstand dazu auch noch ein Bild, wie das vom >Käse Paul<, der sich für eine Schönheit hielt, was der Maler zu dessen Empörung nicht sah. Berühmte Personen bevölkern die Erzählungen auch, sie tauchen auf, geben ihren Part und verschwinden wieder, bevor sie zu wichtig werden könnten. >So sage ich mir zum Trost, ich werde Bewahrer einer überkommenen Zeit, genau wie Don Quichotte, der als Romangestalt das Glück hatte, im Gedächtnis der Menschen zu bleiben<.

Mit dieser eher resignierenden Einschätzung vom geplanten Windpark, der sieben Dörfern die Sicht verstellen würde. Pietzsch ritt voran, dieses Unternehmen zu  verhindern und hatte letztlich Erfolg, auf dass er künftig keine Landschaftsbilder mit Windrädern malen müsse.

Sein Selbstbildnis als Don Quichotte zeigt folglich keine ausgesprochen traurige Gestalt, aber es leitet die Geschichte ein, so wie am Anfang jeder Erzählung eins seiner Bilder steht.

Bernhard Theilmann

Sächsische Zeitung Dresden  11/12.02 2006

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